Morgen ist Internationaler Männertag.
Ein Artikel fragt, warum ein altes Bild von Männlichkeit so attraktiv ist, von dem man dachte, wir seien drüber weg. Da der Artikel die Frage nicht beantwortet, sondern bloß wieder darauf verweist, dass Männlichkeit ein gesellschaftliches Konstrukt ist, versuche ich es.
Die Botschaft heute ist: Dein Körper ist überflüssig. Er hat keinen Zweck mehr und Dasein ist zweckgebunden. Er ist eher notweniges Übel, bestenfalls brauchbar.
Wenn man kein Umfeld hatte, das einem explizit das Gefühl gibt, dass man alleine für sein Dasein geliebt wird, und ich vermute, das gibt es in der Form oft nicht, dann ist das die Botschaft.
Also muss man sich eine zweckgebundene Form des Körpers suchen. Mach dich nützlich. Das ist gebunden an Klischees, Konzepte, Äußerlichkeiten. Man muss sich irgendwie wichtig und nützlich machen.
Mann, dein Körper wird nicht mehr gebraucht, ist der Satz, den ich als Erklärung anzubieten hätte. Nicht die Frage, welches Bild von Männlichkeit das richtige ist, sondern die Erfahrung, dass der Körper keine Funktion mehr hat, ist das Problem.
Historisch war der männliche Körper über seinen Zweck definiert. Diese Funktionen sind verschwunden oder an Maschinen delegiert. Was bleibt, ist ein Körper ohne Aufgabe. Und ein Körper ohne Aufgabe wird entweder zum Bild oder zum Problem.
Die akademische Antwort lautet: Männlichkeit ist konstruiert, sei einfach anders, aber diese Antwort erkennt das Problem nicht. Sie sagt: Dein altes Bild ist falsch. Sie sagt nicht: Wozu bist du da? Traditionelle Männlichkeitsbilder geben einem diese Antwort. Sie sagen: Dein Körper wird gebraucht, als Beschützer, als Versorger, als Kraft.
Erfinde dich selbst, aber wie soll man sich selbst erfinden, wenn man seinen Körper nicht mehr spürt. Wenn es keinen Raum und keine Möglichkeit gibt, seinen Körper zu erleben.
Deshalb habe ich Bewegung gewählt, sinngebende und freudvolle Bewegung. Oder Fingerfertigkeit, Gestaltung, Handarbeit, Umarmungen und Berührungen, damit man nicht ganz sinnlos ist. Mich in meinem Körper fühlen, damit ich weiß, dass es mich gibt.
Man könnte doch auch, ganz einfach und biologisch betrachtet, sagen: Ein Körper entwickelt sich anhand seiner Umwelt, bildet sich und entfaltet sich wie von einer unsichtbaren Kraft getrieben einfach so ins Dasein hinein und erfreut sich seiner selbst. Fällt nur irgendwie schwer in einer vollkommen digitalisierten und ökonomisierten, distanzierten Welt, die sagt: Du bist ein soziales Konstrukt.