Julian Barnes Die einzige Geschichte handelt von einer Liebesbeziehung zwischen einem neunzehnjährigen Studenten und einer dreißig Jahre älteren Frau. Die Geschichte beginnt in den Sechzigern in einer Kleinstadt in England an.
Es ist ein sehr kluges und sehr gutes Buch und eine Bereicherung für mich als Liebes- und Lebensroman.
Ich habe das Buch mit dem Fokus auf die Darstellung der Figuren gelesen, weil ich wissen will, wie Männer und Frauen in Romanen dargestellt werden.
Selbstverständlich bestimmt die Zeit der Handlung diese Darstellung mit, aber unabhängig davon wird der Mann als rational, verantwortungsvoll beschrieben, die Frau eher als spontan und emotional. So jedenfalls denkt der Protagonist. Tatsächlich handeln beide sowohl rational als auch emotional. Die materielle und emotionale Sicherheit ist ein wesentlicher Faktor. Wobei die Frau auf der Suche nach Sicherheit ist und der Mann diese bieten soll. Das war zu der Zeit an einem solchem Ort so.
Der Mann ist nett, sympathisch, ein bisschen blass und langweilig. Aber das ist gut, so stört er die Handlung nicht. Die Frau wirkt deutlich interessanter, sie äußert die interessanteren Gedanken und trägt die Sätze bei, die man in Erinnerung behält. Das ist Poesie, das ist Verdichtung. Er hört nur zu und schreibt auf. Er reagiert eher. Erst in der Ich-Form, dann in der Du-Form, dann in der Er-Form. Das ist gut gemacht. Ich frage mich, ob es Männer gibt, die in der Ich-Form bleiben können, wenn sie älter werden. Also, ein kluges, fühlendes Ich.
Ich bin auf der aktiven Suche nach interessanten Männerfiguren in Romanen, die ich genau so interessant finde, wie viele Frauenfiguren. Nun könnte man sagen: Männer sind so und Frauen sind so. Das ist Unsinn. Das ist das, was wir uns immer wieder erzählen. Erzählungen sind ja frei und beabsichtigt. Ich empfinde mich nicht so und ich bin nicht so. Ich bin ein fühlendes Ich, das jeden Tag etwas klüger werden will.
Die einzige Geschichte ist ein sehr gutes Buch über die Liebe.