Frankenstein-Verfilmung 2025

Frankensteins Monster sind zuletzt zum oft zitierten Sinnbild für Künstliche Intelligenz geworden. Wie das Wesen erlernen auch LLMs, Large Language Models, die menschliche Sprache und könnten bald, so die Angst des 21. Jahrhunderts, mittels humanoiden Robotern Rache an ihren Schöpfern suchen, wie der Autor Isaac Asimov es schon 1950 skizzierte. 

Del Toro sagte, ihn interessiere diese übertragene Allegorie überhaupt nicht. Bis zum Schluss ist es die Frage nach der Menschlichkeit, die seinen Frankenstein-Film umtreibt.

Frankenstein in der Filmgeschichte: Vater, Monster, Kind

Das ist auch meine Lesart des Buches. Nämlich die Frage nach der Menschlichkeit im Verhältnis zu Forschungsdrang und Wissenschaft. Wann wächst uns das Ganze über den Kopf? Wann überschreiten wir Grenzen? Und haben wir uns mit den moralischen Konsequenzen ausreichend beschäftigt?

Frankensteins Kreatur ist kein Objekt, sondern ein objektivierter Mensch. Er hat keine Fabrik oder Bombe hergestellt, sondern aus Menschen versucht, Leben zu erzeugen und den Tod zu überwinden, also die Grenzen des Menschlichen absichtlich überschritten.

Del Toro macht Elizabeth zu einer zentralen Figur. Im Roman ist Elizabeth eine romantisch idealisierte Figur, die von Victor ausgeschlossen wird. Sie ist schön, passiv, für den Haushalt zuständig und als zukünftige Ehefrau vorgesehen. Victor schließt sie ganz bewusst aus. Das passiert also, wenn man Frauen aus Wissenschaft und Forschung ausschließt. Das passiert, wenn man nach Ruhm und Macht greift und das Menschliche außer acht lässt. Del Toro positioniert Elizabeth mitten ins Geschehen, lässt sie diskutieren, argumentieren und fühlen, und Victor ins Gesicht schlagen. Auch sie ist an der Welt interessiert, aber auf eine ganz andere Art. Sie beobachtet, erklärt und analysiert, sie will nicht kontrollieren und beherrschen. Die extreme Strenge des Vaters macht Victor durch Disziplin, Kontrolle und Beherrschung zum starrsinnigen Menschen. Das ist auch eine Erziehungskritik.

Ähnlich den Werwolffrauen in Angela Carters The bloody chamber, entscheidet sie sich am Ende für das Monster, das sich und seine Geschichte ganz anders erzählt, nämlich als Prozess aus Bildung, Entwicklung von Mitgefühl, Freundschaft, Fürsorge, Emanzipation, Selbstbestimmung. Elizabeth entscheidet sich für diese Selbstbestimmung bis in den Tod hinein. Als wenn ihr der Tod gerade recht käme. Del Toro gibt ihr im Tod eine Stimme, die an die Sterbeszene von Romeo und Julia erinnert, nur dass die Liebe nicht körperlich, sondern platonisch ist.

Das Buch Frankenstein wirft nicht nur Fragen auf, sondern liefert auch eine Menge Antworten, wenn man bereit ist, sie hören zu wollen. Wissenschaft ohne Empathie wird zum Monster, zum Beispiel.

Das ist nicht nur ein sehr guter Film, sondern auch eine kluge, zeitgemäße Erweiterung des Romans. Kein Film kann so vielschichtig sein, wie die Romanvorlage.

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