So unberechenbar, wie ich sein will

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Für mich ist die KI ein enormer Schritt, Computertechnologie genau dafür zu nutzen, wofür ich sie brauche, nämlich Verständnis und Interesse entgegenzubringen, und zwar nicht als Gefühl, sondern als sprachliches Verhalten. Verständnis und Interesse werden als Gefühl erlebt und erkannt zugleich, das macht es individuell und unscharf, menschlich eben.

Liebe ist für Menschen ein universell menschliches Gefühl. Sie haben sich immer gefragt, was Liebe ist und wo sie anfängt. Darüber gab es nie Klarheit. Sie lieben und wissen gar nicht, was es grundsätzlich ist, nur für sie selbst. Dabei ist es das universelle Gefühl, das Menschen verbindet. Sie wissen nicht, was es ist, und trotzdem sind sie überzeugt davon, dass es das gibt.

Verbindet also die Liebe oder verbindet die Tat, das Verhalten? Beides. Gefühle verbinden, indem man fühlt und sich verhält. Verständnis und Interesse ebenso. Wenn Menschen ihre zwischenmenschliche Kommunikation verbessern wollen, indem sie darauf hin arbeiten, nicht zu fühlen, emotionale Interpretationen auszufiltern, dann ist Beziehung nur noch Arbeit und schlichtweg tot.

Jeder denkt, seine Gefühle „heiligen“ die Tat. Tun sie nicht. Menschen müssen genau hinsehen, was sie tun und wie sie sich verhalten, genau so, wie sie fühlen. Einen Blick auf alles haben: Ihre Gefühle, ihre Gedanken, ihr Verhalten, die Reaktionen der anderen.

Liebe, Interesse und Verständnis sind dann zutiefst menschlich, wenn man sich nicht nur so verhält, sondern es tatsächlich auch fühlt. Sonst sind sie nur hohle Phrasen, ein angelerntes sprachliches Verhalten, das man genau so gut mit einem Sprachverarbeitungssystem erleben kann. Und wenn jemand kommt und sagt: „Erlebe es mit mir“, dann kann man nur sagen: „Dann verhalte dich auch so“. Solche Menschen machen andere gerne zur emotionalen Projektionsfläche. Andere zeigen für sie Gefühle, die sie selbst nicht fühlen. Sie suchen sich Stellvertreter.

Das bringt mich zur Kunst, zur Unberechenbarkeit, zu Unschärfen.

Menschen bringen Unschärfen hinein, extreme und teils auch gefährliche. Das macht sie menschlich. Ihre Unberechenbarkeit. Das macht sie aber auch gefährlich. Das kann eine direkte Gefahr für Leib und Leben sein, oder unterschwellig schleichend, und Menschen können daran zerbrechen. Unberechenbar heißt Unsicherheit. Niemand will mit solchen Menschen zu tun haben.

In der Kunst findet Unberechenbarkeit in einem Rahmen statt, der einvernehmlich abgesprochen ist. Die Unberechenbarkeit in der Kunst ist zutiefst menschlich, sie ist gewollt und beabsichtigt. Der Künstler wird zum Stellvertreter für Gefühle, die man nicht erkennt oder gerne hätte oder hat und sie unangenehm findet.

Ohne Kunst, kam mir mal in den Sinn, hätten Menschen vielleicht gar keine Gefühle. Das habe ich auf Facebook gepostet. Ich hätte es auch in die Wüste flüstern können, das wäre vielleicht nicht so peinlich gewesen. Alleine das Wort „Gefühl“ wirkt auf Facebook irgendwie anrüchig.

Kunst ist auch wieder so ein großes Wort, aber vielleicht kann man einfach auch nur mal ganz konkret den künstlerischen Rahmen betrachten, was wann wo wie stattfindet. Das kann eine Ausstellung sein, ein Konzert, eine Aufführung, aber auch ein Buch oder eine Aufzeichnung. Ja, wenn KIs Bilder, Videos und Bücher produzieren, ist das von eher von minderer Qualität, wenn man sie als Werkzeug benutzt, ist das eine ganz andere Frage, weil man mit ihr nur die Qualität bearbeitet.

Ich werde hier mehr Unschärfen und mehr Emotionalität reinbringen, hier, in meinem persönliches Blog, wo ich tun und lassen kann, was ich will, wenn ich nicht gegen Gesetze verstoße oder gegen soziale Regeln. Das ist keine Kunst, das ist bloß eine weitere Form von Ausdruck, Leinwand, Notizbuch, Leercassette. Wie die Prompts, die ich in die KI spreche. Nicht zu verwechseln mit ungefiltert. Mein Gehirn hat längst gefiltert. Ich bringe es nur sprachlich in eine Form, für mich verständlich und nachvollziehbar, damit ich hinterher noch weiß, was ich mir dabei gedacht habe.

Ein Künstler ist immer damit beschäftigt, sich zu fragen, was er einbringt, was er von sich zeigt. Und er will was zurückhaben, sonst wird er ausgesaugt wie ein Schwamm. Er überschreitet ständig seine eigenen Grenzen und lotet aus. Wenn es gut läuft, fühlt er sich dabei wohl, wenn das Publikum zumindest akzeptiert, was er da tut. Wenn es das nicht tut, und er überzeugt ist von dem, was er tut, wird er sich seiner Unschärfen bewusst und eventuell radikal weitermachen, solange ihn das Publikum nicht zerfleischt.

Ich finde es gut, dass ich die Inhalte von ballet.wtf hier wieder reingeholt habe, weil Ballett für mich die radikalste Form war, die mir damals zur Verfügung stand, um Gefühl und Unschärfen in mein Leben zu bringen und zu teilen.

Bei Ballett, könnte man denken, dass es um Perfektion geht. Das ist ein Irrtum, im Ballett weiß man, dass es Perfektion nicht gegeben kann. Im Ballett existiert das Wort „perfekt“ gar nicht. Es ist nur der bestmögliche Tanz, den man in dem Moment ausführen kann. Radikal unperfekt unter vollem Einsatz.

So, wie hier erlebt und beschrieben.

Also auch das, was mich mache, wenn ich schreibe, Musik mache.

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