Eine Erkenntnis aus Lisa Feldman Barretts Buch ist, dass es keine vorbestimmten Grundgefühle gibt. Gefühle entwickeln sich in der dynamischen Auseinandersetzung mit der Beziehung zu Menschen, mit der Kultur.

Es gibt keine fest definierten Grundgefühle. Emotionen lassen sich nicht eindeutig einzelnen Körperfunktionen(1)- oder Gehirnarealen zuordnen. Es sind hochdynamische kulturelle Konstrukte, die sich organisch-dynamisch manifestieren.

An der Stelle Notiz an mich: Explosive Moderne weiterlesen.

Lange Vorrede, um das zu sagen, was ich sagen will. Ich bin nicht gut im Beschreiben von Gefühlen. Ich beschäftige mich selten mit dem Wortschatz. Als Autor wäre das anders. Da bin ich bestimmt nicht der Einzige, und deshalb entwickeln sich solche Ideen, wie Grundgefühle für den Alltagsbegrauch. So als kleines Grundpaket, mit dem man gut zurechtkommt.

Also suche ich ein bisschen im Internet und frage Chatty („Liste mir alle Gefühlen im deutschsprachigen Raum auf“ (2)). Chattys Zurechtweisung formuliert noch einmal die Tatsachen:

„Eine vollständige Liste aller Gefühle im deutschsprachigen Raum gibt es nicht, da Gefühle komplex, kulturell geprägt und individuell verschieden sind.“

Trotzdem rappelt sie mir eine strukturierte Liste mit Wörten auf.

Mein spontaner Gedanke war: Da müsste man eigentlich mal ein Verzeichnis draus machen. Oder einfach mal sammeln, so wie man Insekten sammelt.

Ich muss zugeben, dass ich durch den Perspektivwechsel gerade Gefühle neu entdecke.

Ich musste lernen, dass Gefühle real sind, wenn man sie fühlt. Es ist ähnlich dem Bewusstsein, das man erlebt, aber nicht von außen erkennen kann. Ich kann nicht sehen, ob jemand Bewusstsein hat, ich kann auch nicht sehen, ob jemand Heimweh hat. Es liegt an uns, das irgendwie zum Vorschein zu bringen, in verschiedener Form. Niemand kann sehen, was wir denken oder wie wir denken.

Man kann sie niemandem absprechen. Aber genau das habe ich gelernt. Sie wurden mir abgesprochen oder schlecht geredet oder ins Lächerliche gezogen. An wenigen einzelnen Gefühlen habe ich das Spektrum erst einmal entblättern müssen und herausfinden, was dahinter steckt: Scham, Angst, Ohnmacht, Wut. Humor, der dann ins Zynische driftet, ist eben oft der Ausweg. Selbstironie, die aber die Gefahr birgt, dass irgendein Idiot das als Anlass nimmt, auch noch draufzuhauen, anstatt als Einladung, es bei sich selbst zu versuchen.

Aber zurück zum Spektrum der Gefühle. Ich will mich ja nicht verbeißen, sondern mich auf die Suche begeben und mir das mit den Gefühlen mal näher ansehen, und zwar sprachlich. Jedes Wort für sich enthält ja ein unglaubliches Potential. Chattys Liste finde ich auf jeden Fall hochinteressant.

Mal auf den Weg machen und sammlen.

1: Deshalb sind Lügendetektoren unzuverlässig und in Deutschland vor Gericht als Beweismittel nicht erlaubt.

2: Ist ja eine Maschine, da kann ich gleich mal das Unmögliche versuchen und ein bisschen provozieren.



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