Anfang der 80er erzählte man sich, dass auf Stairway To Heaven eine Rückwärtsbotschaft versteckt sei. Ich fand das Thema sehr spannend, und mein experimentierfreudiges jugendliches Ich war begeistert. Erst versuchte ich, mit dem Finger die Platte rückwärts zu drehen, aber durch die Geschwindigkeitsschwankungen kam nur Salat dabei raus.
Manche Tonbandgeräte hatte eine Funktion zum Rückwärtslaufen, aber das hatten wir nicht.
Stattdessen entdeckte ich, dass man Cassettenbänder umdrehen kann und der Ton dann (logisch) rückwärts läuft. Man schneidet das Stück raus, dreht es um und klebt es wieder (mit Tesa!) an.
Ich habe keine Botschaft gehört. Also probierte ich, ob absichtlich rückwärtsgesprochene Botschaften überhaupt als vorwärtgesprochene Wörter erkennbar wären.
Man kennt das ja mit dem eigenen Namen. Ich heiße „Nitram“. Das ist durchaus ein Wort, dass funktioniert. Nur haben wir keine Lautschrift und viele Wörter klingen rückwärts anders als sie geschreiben sind.
Ich weiß noch genau, dass ich den Satz „Rott in hell“ rückwärts sprach. Läh nie Torr. Das funktionierte zwar so leidlich, aber spätestens da wurde mir klar, dass man das nicht einfach so in ein Stück einbauen konnte ohne dass es Kacke klang.
Damit war für mich klar, dass die Theorie der Rückwärtsbotschaften in Liedern Quatsch war.
Heute gibt es für das Rückwärtsabspielen Apps. Ich habe gestern mal zum Test ein paar Sätze gesprochen. Wer herausfindet, was ich sage, bekommt ein Eis. Aber die Kugel direkt auf die Hand und die Waffel oben.
Man merkt schnell, dass das ziemlich gruselig klingt. Wenn man einen Telefonanruf bekäme und sowas hört, wäre das wahrscheinlich nicht so schön:
Tatsächlich haben Bands rückwärts abgespielte Sounds und Texte benutzt.
Inspiriert wurden The Beatles bei ihrer Arbeit an Rubber Soul von der Musique Concrete.
Klar ist, dass das die Technologie des Tonbands Rückwärtsaufnahmen in dieser Form und Verbreitung überhaupt möglich machte. Künstlerische Arbeit ist ja auch oft ein Experiment mit Realitätsverzerrung auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Ausdrucksformen.
With the advent of compact discs in the 1980s, but prior to the advent of sound editing technology for personal computers in the 1990s, it became more difficult to listen to recordings backwards, and the controversy died down.
Backmasking
The Stone Roses haben ihren Song Waterfall rückwärts abgespielt, aus dem Textkuddelmuddel Wörter rausgehört und Don’t Stop draus gemacht.
Katja Nick war eine bekannte Rückwärtssprecherin, die nicht nur rückwärts sprechen, sondern auch singen. Neben Deutsch konnte sie noch acht weitere Sprachen rückwärts sprechen.
Weshalb rückwärts gesprochener Text mit Satanismus verbunden ist, weiß ich nicht, aber Aleister Crowley hat das Rückwärtssprechen empfohlen und in Der Exorzist spricht die vom Teufel besessene Regan rückwärts. Also nicht sie, sondern natürlich der Teufel. Vielleicht ist das der Grund. Wenn dann noch jemand wie Charles Manson Beatles-Texte als Inspiration nimmt und John Lennon behauptete, dass die Beatles bekannter seien als Jesus, dann kann man sich schon einen Reim auf das alles machen. The Beatles haben mit Rückwärts-Tracks gearbeitet und sind (demnach) in etliche Verschwörungstheorien verstrickt.
After popularising backmasking, The Beatles became embroiled in one of pop’s stranger urban legends. In 1969, rumours began spreading among American college students that Paul McCartney had died in 1966 and had been replaced by a lookalike; they claimed that clues about his ‘death’ could be found in the group’s lyrics and album artwork.
The hidden messages in songs
Die Band Coven hat eine satanische Messe als letztes Stück auf ihrem Album veröffentlicht. Gegründet wurde die Band von Oz Osbourne und Steve Ross. Es gab ja viele Bands, die mit satanischen Symbolen ihr Erscheinungsbild geprägt haben.
Satanic Panic wirkt heute unfreiwillig komisch, ist aber auch heute noch ein ernsthaftes Problem (siehe unten), bloß eben nicht für Musiker und Metalfans.
Noch letztes Jahr hat sich The Onion über das Thema lustig gemacht.
Prince hat die „Teufelsbotschaft“ in doppeltem Sinn umgedreht und daraus eine „God is coming“-Botschaft gemacht (Hello, how are you?/Fine, fine, ’cause I know that the Lord is coming soon/Coming, coming soon).
‚Darling Nikki‘ came out of an era in which some Christian groups were still concerned that music was the work of the devil, and that many rock musicians were exposing children and teens to evil messages through subliminal messaging in tracks. This tale is drenched in irony as Prince was using subliminal messaging to promote Christian ideals.
The secret hidden messages Prince left in his classic track ‘Darling Nikki’
Einige Bands haben das Thema ironisierend aufgegriffen.
Kurze Zusammenfassung: Das Thema hat ja durchaus ernste Aspekte, nur eben nicht Rückwärtsbotschaften und die Verteufelung von Rockmusik.
In der griechischen Mythologie bringt Charon die Verstorbenen über den Fluss Styx zur Unterwelt. Wer nicht gerecht gelebt hat, schmort in der Hölle.
In Horrofilmen gibt es Zugänge zu der anderen Seite: Telefon (Joey), Fernseher (Poltergeist, Ring), Glibberloch (Stranger Things).
An Halloween ist die Grenze zwischen dem Geisterreich und der Wirklichkeit offen.
Mit dieser Angst spielen Horrorfilme, Sekten oder andere Gruppen, die emotional abhängig machen und/oder Leuten das Geld aus der Tasche ziehen, und mit dieser Angst können Menschen ihre Taten vertuschen.
Heilsbotschaften sind die Kehrseite von Teufelsbotschaften (bzw. umgekehrt), und da ist man ganz schnell bei modernen Selbstoptimierungsversprechen (Manipulation). Wann ist eine Gruppe harmlos und wo fängt die Verschwörung an?
Satanic Panic ist nicht nur ein 70er/80er-Thema, wie ich dachte. Das Thema ist wieder aktuell. Wir leben in einer unsicheren Zeit und man beobachtet, dass das Thema Sekten wieder ein Thema ist, in anderer Form.
Lydia Benecke ist Kriminalpsychologin und Fachfrau für Satanic Panic, und es gibt drei lange, aufgezeichnete Gespräche dazu, die ich mir irgendwann mal anhören werde.
Das Theme ist doch interessanter und umfangreicher als ich dachte. Es zeigt mir immer wieder, wie problematisch es ist, individuelle Lebenswelten mit gesellschaftlichen Strukturen in ein Gleichgewicht zu bringen, wenn man nicht radikal engstirnig und einfältig denkt, sondern der Sache wirklich gerecht werden will.
Was ich immer wieder sehr erfreulich finde, sind die vielen klugen Menschen, die ich vorher noch gar nicht kannte und mir immer wieder neue Blickwinkel aufzeigen.