Wir sind Sohlengänger. So wie Bären, Affen und Kangurus. Wenn wir schneller laufen oder springen wollen, werden wir zu Zehengängern.
Gorillas und Schimpansen gehen mit den vorderen Extremitäten auf Knöcheln. Und Menschen, die Liegestütz im Karate machen.
Spitzengänger gibt es auch, dazu zählen zum Beispiel die Pferde und Elefanten. Die Füße des Menschen sind nicht für den Spitzengang geeignet. deshalb gibt es Spitzentanzschuhe, in denen man zusätzlich mit Hilfsmitteln zum Schutz der Zehen tanzt.
Ich bin kein unbedingter Freund des Spitzentanzes. Hätte es ihn nicht gegeben, würde ich ihn nicht vermissen. Ich weiß um seinen ästhetischen Effekt und kann die Faszination, die er auf Tänzerinnen ausübt, nachvollziehen. Ausprobieren würde ich es auf jeden Fall, es gibt beim Tanzen nichts, was ich nicht auch können wollte, nur braucht man dafür die Schuhe und langes, vorbereitendes Training.
Mit fortschreitendem Können bewegt man sich mehr und mehr auf halber Spitze. Ebenso nehmen Sprünge und Drehungen zu, und genau an dem Punkt bin ich gerade und merke, dass irgendetwas nicht stimmt.
Ersten gibt es einen extremen links-rechts-Unterschied bei mir. Auf dem einen Bein habe ich so gut wie kein Balancegefühl. Aber es gibt noch ein anderes Problem, das mir erst vor Kurzem richtig klar wurde.
„Sickle Feet“
Als ich das zum ersten Mal Sickle Foot las, musste ich das Wort übersetzen und verstand überhaupt nicht, was ein „Sichel-Fuß“ sein soll. In Gretchen Warrens Buch Classical Ballet Technique gibt es auf Seite 16 eine ausführliche, bebilderte Beschreibung der Haltung der Füße, die ich mir gar nicht so genau angesehen habe, weil ich das für ästhetische Genauigkeit hielt, die ich nicht so wichtig fand.
Irgendwann ist es mir dann doch aufgefallen, als ich mehrmals auf Instagram drauf angesprochen wurde und ich Videos von mir ansah.
Noch deutlicher wurde es mir, als ich einer Ballettänzerin sah, die barfuß tanzte. Ihre Arabesque auf halber Spitze war sehr genau und stabil. Ihre Zehen war auf neunzig Grad gebeugt und gleichmäßig fächerförmig gespreizt. Wenn unsere Lehrerin im Modern Dance barfuß Drehungen auf Zehenspitzen macht, dann ist das hoch und stabil.
Bei mir ist die halbe Spitze längst nicht so hoch und vor allem kippe ich nach außen.
Das Problem bei mir ist schlicht und ergreifend die mangelnde Flexibilität im Gelenk des großen Zehs. Ich verlagere das Gewicht bei zunehmenden Druck oder zunehmenden Zehengang auf die anderen Zehen, das heißt, ich rolle nach außen.
Dabei ist gerade der große Zeh wesentlich entscheidend für Kraft beim Sprung, Balance bei der Drehung, Stabilität der halben Spitze und die Höhe der halben Spitze. Wenn der große Zeh nicht ausreichend trainiert ist, wird man über ein gewisses Maß an Schnelligkeit, Höhe, Balance und Kraft beim Ballett nicht hinauskommen.
Die übliche Dehn-Übung ist das Abrollen nach oben ins Relevé. Zusätzlich dehne ich das Gelenk für eine Minute nach innen und außen kräftig und mache jetzt insgesamt viel mehr Dehnungen und Übungen.
Eine Ballettlehrerin ergänzte noch, dass der Muskel unterhalb des großen Zehs sehr viel zur Stabilität und Balance beiträgt.